Marantz Pianocorder -The Reproducing System Etwas mehr als nur ein Klavier... Es war so Ende der 70er Jahre, also noch lange Zeit bevor es bei den Musikinstrumenten die Midi-Schnittstelle gab, als von der amerikanischen Firma Superscope dieses elektromechanische Selbstspielersystem für Pianos entwickelt wurde. Um 1980 herum begann dann die Serienfertigung dieses einzigartigen Systems, wobei die Pianocorder damals fast ausschließlich als Vorsetzer oder in bereits vorhandene Klaviere montiert wurden. Komplette Marantz Pianos mit ab Werk eingebautem Pianocorder sind daher eher selten anzutreffen, in Deutschland gibt es nur eine handvoll davon. Marantz hatte als Anbieter von Hi-Fi Anlagen wohl auch diverse Probleme mit der Logistik, denn so große Geräte, deren Gewicht die 300kg Marke locker übersteigen, kann man nicht mal eben mit der Post versenden. Die Technik des Pianocorders war für die damaligen Verhältnisse sehr fortschrittlich und einzigartig. Alle Informationen des Klavierspiels auf den Tasten werden direkt digital umgesetzt und auf einem ausklappbaren Cassettenrecorder, der sich unterhalb des Spielbrettes befindet, gespeichert. Dieser Recorder läuft mit der doppelten Bandgeschwindigkeit (9,5), um die große Datenmenge überhaupt speichern zu können. Auf den Bildern kann man sehr schön den Aufbau mit den ganzen Kabeln, den Platinen und elektromagnetischen Spulen für die Tasten und die Pedale sehen. Neben der Information für die jeweilig gespielte Note, wird natürlich auch die Anschlagdynamik und die Position der Fußpedale mit gespeichert. Bei der Wiedergabe der Noten lassen sich Tempo, Pianissimo und Fortissimo mit den Potis am Cassettenrecorder nachregeln, die Pedale kann man hier auch nochmal abschalten. Insgesamt gab es für das Pianocorder-System eine recht umfangreiche Werkslibrary mit rund 350 bereits bespielten QRS-Datencassetten mit je ca. 40 Minuten Musik aus den unterschiedlichsten Musikrichtungen. Die Originalaufnahmen wurden bei Marantz überwiegend von bekannten Pianisten eingespielt und danach auf die QRS-Tapes überspielt. Ich selbst habe noch rund 200 Cassetten aus dieser Library, viele davon mit Boogie und Ragtime-Favorities, aber auch klassisches von Bach bis Gershwin. Der Anblick ist schon ziemlich imposant, wenn bei einem vierhändigen Rag das ganze Klavier wackelt... Wie ich zu meinem Pianocorder gekommen bin... Wie es der Zufall so will. Oder: Ein Klavier, ein Klavier. Frühjahr 1981 -ich habe damals noch als Angestellter in einem Schlüsseldienst gearbeitet und für die deutsche Niederlassung von Marantz in Dreieich eine neue Schließanlage eingebaut. Das führte mich auch in eine Nebenstraße mit zwei Garagen, die Marantz als Außenlager (Rumpelkammer) dienten. Ich öffnete das Tor, um hier die Schlösser auszutauschen und staunte nicht schlecht, als dort zwei alte Klaviere herumstanden. Das eine war völlig zertrümmert, sogar einige der Tasten waren herausgebrochen, das andere jedoch war zwar total verstimmt, machte aber ansonsten noch einen ganz guten Eindruck. Obwohl meine damalige Frau zu dieser Zeit bei Marantz angestellt war und ich eigentlich alle Marantz-Produkte zu kennen glaubte, hatte ich nicht den blassesten Schimmer, das "dieses Ding" ein Selfplayer-Piano war. Ein paar Stunden später, nach Abschluß der Montagearbeiten bei der Schlüsselübergabe an den obersten Chef, hab ich einfach mal blöd gefragt, ob man mir dieses olle Klavier vielleicht günstig würde. Und da meine Frau dort arbeitete, bekam auch sofort eine Zusage. Man wollte das Teil nur noch mal stimmen lassen und technisch überprüfen, so sagte man mir. Nach ein paar Tagen bekam ich dann von Marantz einen Anruf, das ich doch mal kurz bezüglich des "Klaviers" vorbeikommen soll -es sei dringend und ich machte mich auch sogleich auf die Socken. Dort angekommen, hörte ich schon draußen auf dem Hof ein geradezu virtuoses Klavierspiel aus der Halle dringen. Ich staunte nicht schlecht, als ich die Tür öffnete und sah, wie mein Klavier von ganz alleine spielte. Die Tasten bewegten sich wie von Geisterhand so flink, das man ihnen mit den Augen kaum folgen konnte. Ich muß wohl ein ziemlich verdutztes Gesicht gemacht haben, denn das ganze Marantz-Team stand um mich herum und alle grinsten mich ultrabreit an.... Heute steht der Pianocorder in meinem Burn-Out-Saloon und sorgt bei feuchtfröhlichen Partys für die entsprechende Stimmung. |